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2024-08-14 Versorgungsforschung

Positionspapier veröffentlicht

Roadmap für innovativen Forschungszweig entwickelt

Prof. Dr. Lena Ansmann, Foto: Bildwerk

Mit Fördergeldern der Volkswagenstiftung hat eine interdisziplinäre internationale Arbeitsgruppe ein Positionspapier vorgelegt, das den komplexen Anforderungen im Bereich der organisationsbezogenen Versorgungsforschung Rechnung trägt. Jüngste Analysen zeigen, dass Versorgungsorganisationen wie beispielsweise Krankenhäuser in der Versorgungsforschung in Deutschland häufig in erster Linie als Studiensetting betrachtet werden, ohne deren komplexen organisationalen Charakter weder theoretisch noch methodisch in vollem Umfang zu berücksichtigen. Auf Initiative von Univ.-Prof. Dr. Lena Ansmann, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (IMVR) der Medizinischen Fakultät, wurde eine interdisziplinäre Zusammenarbeit gestartet, um den Stand der organisationsbezogenen Versorgungsforschung (OVF) in Deutschland zu analysieren und einen strategischen Rahmen sowie eine Roadmap zu entwickeln, die zukünftige Bemühungen in diesem Bereich leiten können.

Prof. Ansmann erklärt: „Da ein Großteil der alltäglichen Gesundheitsversorgung in komplexen Organisationen wie Krankenhäusern und Arztpraxen stattfindet, müssen wir die Gestaltung und Bedeutung von Organisationen für eine gute Versorgung in unserer Forschung stärker in den Blick nehmen. Dazu gehören beispielsweise die Erforschung oftmals scheiternder Veränderungsprozesse in Organisationen oder die Untersuchung von Zusammenhängen zwischen Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen und der Qualität der Patientenversorgung. Um Brücken zu Nachbar- und Mutterdisziplinen zu schlagen, haben sich neben Versorgungsforschenden auch Expertinnen und Experten aus anderen Forschungsbereichen einbringen können, zum Beispiel aus der Gesundheits- und Medizinsoziologie, der Implementierungs- und Pflegewissenschaft, der Arbeitsmedizin, aus dem Bereich Public Health, aus der Organisationssoziologie, der Psychologie, aus dem Bereich Ökonomie und Management sowie aus der Politikwissenschaft. Das Papier fasst so Positionen von wissenschaftlichen Expertinnen und Experten aus verschiedenen Disziplinen und Ländern zusammen.“

Dazu wurde im Juli 2023 ein dreitägiger Scoping-Workshop mit 32 (inter)nationalen Expertinnen und Experten aus verschiedenen Forschungsbereichen mit Bezug zu OVF-Themen unter Nutzung interaktiver Workshop-Methoden durchgeführt. Die Teilnehmenden diskutierten ihre Perspektiven, analysierten aktuelle Herausforderungen in Deutschland und entwickelten zentrale Positionen für die Entwicklung des Forschungsbereichs.

Für zukünftige Forschungsprojekte wurden sieben zentrale Positionen entwickelt, die sowohl konzeptuelle als auch strategische Aspekte betreffen. Prof. Ansmann erklärt: „Organisationsbezogene Versorgungsforschung muss sich in Richtung einer Forschungsagenda weiterentwickeln. Die Expertinnen- und Expertenrunde konnte herausarbeiten, dass auf konzeptueller Ebene Herausforderungen in Bezug auf Interdisziplinarität, Terminologie, die Definition des Forschungsgegenstands, international vergleichende Forschung und die Nutzung von Organisationstheorien entscheidend sind. Auf strategischer Ebene wurden Potenziale in der Lehre, der Förderung der interdisziplinären und internationalen Zusammenarbeit, der Forschungsförderung und der partizipativen Forschung identifiziert.“

Das Positionspapier soll als Rahmen zur Unterstützung der weiteren Entwicklung der OVF in Deutschland und als Leitfaden für Forschende sowie Förderorganisationen dienen, die die OVF voranbringen möchten. Da einige der für die deutsche OVF diskutierten Herausforderungen auch in anderen Ländern existieren, kann dieses Positionspapier genutzt werden, um fruchtbare Diskussionen länderübergreifend zu initiieren.

Hintergrund:

Versorgungsforschung ist ein interdisziplinärer Forschungsbereich, der die gesundheitliche Versorgung unter Alltagsbedingungen wissenschaftlich untersucht und zu verbessern versucht. Der Begriff „organisationsbezogene Versorgungsforschung“ umfasst jede Art der Versorgungsforschung, die auch die Versorgungsorganisation selbst, also zum Beispiel Arztpraxen, Krankenhäuser, Pflegeheime oder Unterschiede zwischen Versorgungsorganisationen in den Blick nimmt. Dieser Forschungsansatz gewinnt in Zeiten knapper Ressourcen und eines belasteten Gesundheitssystems immer mehr an Bedeutung.

Publikation:

Gesundheitswesen, DOI: 10.1055/a-2308-7384; Artikel online veröffentlicht am 22.07.2024