Kommunikation und Arbeitsorganisation sind essentielle Bestandteile der Arbeit niedergelassener Ärzte. Diese sind häufig dem Konflikt ausgesetzt, eine Balance zwischen einer guten Patientenversorgung und der Praxisführung zu finden. Im Rahmen eines Forschungsprojektes, das sich mit den Arbeitsbedingungen von Onkologen beschäftigt (WIN ON-Projektes - Working Conditions in Oncology), haben Versorgungsforscher der Uniklinik Köln hierzu von 2011 bis 2013 niedergelassene Hämatologen und Onkologen befragt. Die Ergebnisse sind jetzt im European Journal of Cancer Care erschienen.
Die niedergelassenen Onkologen nannten in den qualitativen Interviews einerseits spezifische Stressfaktoren wie beispielsweise gestörte Arbeitsabläufe oder Unterbrechungen in Patientengesprächen. Andererseits nannten sie aber auch Ressourcen, die sie unterstützen wie zum Beispiel ihre eigene Berufserfahrung, gut ausgebildete Pflegekräfte und eine gute Arbeitsorganisation. Diese Aspekte wurden als hilfreich angesehen, um mit den hohen beruflichen Anforderungen umzugehen und die Arzt-Patient-Kommunikation zu verbessern.
„Die Ergebnisse der Studie werfen eine wichtige Frage auf: Welche Maßnahmen können Onkologen helfen, ihren beruflichen Stress zu mindern und Patientengespräche positiv zu beeinflussen? Die Ergebnisse zeigen, dass Zeitdruck und ein hoher Durchlauf an Patienten den beruflichen Stress von Onkologen erhöhen. Um dem entgegenzuwirken, ist ein gutes Zeitmanagement wichtig“, so Sophie Groß, Erstautorin der Vorstudie und Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (IMVR).
Eingeplante Zeitpuffer beispielsweise können helfen, Zeitdruck und Stress zu verringern. Zudem werden Unterbrechungen und das gleichzeitige Arbeiten an mehreren Aufgaben als belastend angesehen. Eine Vermeidung solchen „Multitaskings“ sowie störungsfreie Patientengespräche haben das Potential, beruflichen Stress zu mindern und die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern. Eine weitere Maßnahme, um den niedergelassenen Onkologen zu entlasten, kann die Einführung einer durch Pflegekräfte geleiteten Sprechstunde sein – beispielsweise zu Nebenwirkungen der Chemotherapie.
Die Studie zeigt außerdem, wie der soziale Zusammenhalt innerhalb des Praxisteams Einfluss auf die Mitarbeiterfluktuation nimmt. Nicht nur im Gesundheitswesen ist eine hohe Fluktuation, also ein häufiger Wechsel der Mitarbeiter, problematisch. Dadurch geht Wissen verloren und es entstehen mitunter hohe Kosten für die Rekrutierung und Einarbeitung neuer Mitarbeiter.
„Die WIN ON-Ergebnisse zeigen, dass solche Praxen, in denen Mitarbeiter ein hohes Vertrauen haben und auf gemeinsame Werte eingeschworen sind, mit einer deutlich geringeren Fluktuation zu kämpfen haben. Im nächsten Schritt wollen wir nun praxistaugliche Maßnahmen, die Vertrauen und gemeinsame Werte erzeugen, entwickelt und wissenschaftlich bewerten“, so Nicole Ernstmann, Juniorprofessorin am IMVR und Wissenschaftliche Leiterin der Studie. Weitere Ergebnisse der WIN ON-Studie werden in den kommenden Monaten publiziert und auf Fachtagungen präsentiert.
Originalarbeit:
Groß, S. E.; Ernstmann, N., Jung, J., Karbach, U., Ansmann, L., Gloede, T. D., Pfaff, H., Wirtz, M., Baumann, W., Schmitz, S., Osburg, S., Neumann, M.: Can a stressed oncologist be good in a consultation? A qualitative study on the oncologists' perception. European Journal of Cancer Care 2014. 23(5): 594-606.
Für Rückfragen:
Christoph Wanko
Pressesprecher Uniklinik Köln
Stabsabteilung Unternehmenskommunikation und Marketing
Telefon: +49 0221 478-5548
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