Kontakt

Kontakt

Wichtige Links

Telefon

18.10.2010

„Hauptsache heftige Herzmassage“

Neue europäische Wiederbelebungs-Empfehlungen unter Leitung von Professor der Uniklinik Köln erarbeitet

In Europa sterben jährlich 350.000 Menschen nach einem plötzlichen Herzstillstand – trotz eingeleiteter Wiederbelebungsmaßnahmen. Das European Resuscitation Council (ERC), derzeit unter Präsidentschaft von Prof. Dr. Bernd Böttiger (Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin der Uniklinik Köln), hat neue europäische Leitlinien zur Wiederbelebung erstellt. Ziel ist es, die Überlebenschancen nach einem plötzlichen Herzstillstand deutlich zu verbessern.

Seit der letzten Überarbeitung der Empfehlungen vor fünf Jahren sind eine Vielzahl neuer wissenschaftlicher Untersuchungen erschienen, die sich mit wichtigen Aspekten zur Wirksamkeit von Wiederbelebungs-maßnahmen beschäftigen. Hierauf basieren die neuen europäischen Empfehlungen des ERC. Das Wichtigste bei der heutigen Wiederbelebung ist die heftige Herzmassage, die jeder kinderleicht und ohne Schaden für den Betroffenen durchführen kann. Zurückhaltung ist dabei nicht angebracht: Die Herzmassage muss sofort nach dem Kollaps – wenn der Betroffene nicht ansprechbar ist und nicht reagiert – beginnen.

„Drücken Sie bei Erwachsenen mit einer Frequenz von 100-120 Mal pro Minute den Brustkorb auf dem unteren Teil des Brustbeines immer 5-6 cm tief ein, dann haben Menschen mit plötzlichem Herzstillstand eine sehr gute Chance zu überleben“, fasst Böttiger einige der wesentlichen Neuerungen zusammen. „Und natürlich, alarmieren Sie sofort den Rettungsdienst. Wenn Sie in der Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung trainiert sind, dann beatmen Sie auch – nach jeweils 30 Herzmassagen genau zwei Mal. Wenn Sie nicht beatmen können oder nicht beatmen wollen, dann machen Sie nur die Herzmassage. Das ist die Hauptsache für das Überleben.“

Wer nicht alleine ist, lässt sich am besten nach etwa zwei Minuten Herzmassage ablösen. Nach dieser Zeit kann selbst ein kräftiger Mensch den Brustkorb nicht mehr so effektiv eindrücken. Diese Basismaßnahmen können und müssen ununterbrochen durchgeführt werden bis der Rettungsdienst eintrifft, auch wenn die Ersthelfer medizinische Laien sind. „Das menschliche Gehirn ist nach 5 Minuten ohne Herzmassage meist unwiederbringlich geschädigt“, so der Experte. „Das kann jeder, der einen plötzlichen Herzstillstand beobachtet, durch heftige Herzmassage verhindern.“ Der Rettungsdienst trifft, auch wenn er gleich gerufen wird, meistens erst nach dieser Überlebenszeit ein.

Immer mehr Verbreitung finden öffentlich zugängliche automatische Defibrillatoren, mit denen das Herz der Betroffenen durch Elektroschock wieder zu geordnetem Schlagen gebracht werden kann. Die neuen Leitlinien empfehlen ihren Einsatz. Bereits vor einiger Zeit hat das Projekt „defiköln“, an dem die Kardiologie der Uniklinik Köln federführend beteiligt ist, beispielsweise viele Filialen der Sparkasse KölnBonn im Stadtgebiet Köln mit entsprechenden Geräten ausgestattet. Diese Geräte sind sehr einfach zu bedienen. Sie führen Laien sprachbasiert durch die Wiederbelebungssituation. Die Hauptsache ist eine heftige Herzmassage. Darüber hinaus kann eine frühe Defibrillation für viele Patienten lebensrettend sein.

Die enorme Bedeutung der Kältebehandlung („therapeutische Hypothermie“) nach einem Kreislaufstillstand ist in den neuen Leitlinien ganz wesentlich bestätigt. Wenn durch die initialen Wiederbelebungsmaßnahmen ein Kreislauf wiederhergestellt wurde, dann geht die Behandlung weiter – je früher, desto besser. Zum Schutz des Gehirns muss der Patient durch die behandelnden Ärzte dabei für 12 bis 24 Stunden auf etwa 32 bis 34 °C Körpertemperatur gekühlt werden. Auch diese Temperatursenkung verbessert die Überlebenschancen erheblich. In Köln ist dieses Verfahren bereits an der Uniklinik Köln, beim Rettungsdienst der Feuerwehr und an weiteren Kölner Kliniken im Einsatz. Deutschlandweit und weltweit wir die Kühlung jedoch noch viel zu wenig genutzt.

Die neuen Leitlinien des ERC fordern jetzt sogar die Ausweitung der Kühlbehandlung. Inzwischen ist nämlich bekannt, dass auch Neugeborene, die im Rahmen der Geburt einen Sauerstoffmangel erleiden, von der Kühlung profitieren.

„Sofortige und heftige Herzmassage durch Jeden, der einen plötzlichen Herzstillstand beobachtet, frühe Defibrillation und Kühlung – wenn all dies umgesetzt wird, dann werden wir die Überlebensrate nach Kreislaufstillstand verdoppeln oder sogar verdreifachen können“, fasst Prof. Böttiger zusammen. „Jeder kann dazu beitragen, selbst wenn er oder sie noch nie Erste Hilfe geleistet hat.“

Für Rückfragen:
Prof. Dr. Bernd Böttiger
Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin
Telefon: 0221 478-4807
Telefax: 0221 478-6093
E-Mail: bernd.boettiger@uk-koeln.de

Anja Schattschneider
Uniklinik Köln
Stabsabteilung Kommunikation
Telefon: 0221 478-5548
E-Mail: pressestelle@uk-koeln.de