Die Forscher setzen aufgrund ihrer Studienergebnisse große Hoffnung in die gezielte Beeinflussung der Hirnfunktion durch elektrische und magnetische Felder. Diese ergänzen die klassische Rehabilitation erworbener Hirnleistungsstörungen mit Übungstherapien, zum Beispiel durch Physiotherapeuten und Neuropsychologen und pharmakologische Therapieansätze. Der Schlaganfall ist in der Gesellschaft die wichtigste Ursache für eine dauerhafte Behinderung. Allein in Deutschland erleiden jährlich über 150.000 Menschen einen Schlaganfall, der bei der Mehrheit der Patienten zu massiven Behinderungen im Alltag führt. Wissenschaftler der Klinik für Neurologie der Uniklinik Köln und des Helmholtz-Forschungszentrums Jülich haben herausgefunden, dass Aufmerksamkeits- und Orientierungsstörungen bei einem Teil von Schlaganfall-Patienten auf einer fehlerhaften Anpassung des Gehirns beruhen. Das gestörte Zusammenspiel der verschiedenen Hirnhälften könnte dabei durch die gezielte Anwendung schwacher Gleichstromfelder korrigiert werden, so dass eine Funktionsverbesserung auch noch nach mehreren Monaten möglich wird, erklärten die Neurowissenschaftler.
Die Forscher um Prof. Dr. Gereon Fink und Priv.-Doz. Dr. Roland Sparing untersuchten Patienten, die aufgrund eines Schlaganfalls eine Hälfte ihrer Umgebung bzw. des eigenen Körpers nicht oder nur schlecht wahrnehmen bzw. missachten. Dabei konnten sie zeigen, dass der Neglekt, wie diese Störung bezeichnet wird, sich besserte, nachdem mehrere Minuten lang schwacher Strom durch den Scheitellappen der Patienten geflossen war. Der Schwachstrom, der mittels zweier einfacher Elektroden und einer Batterie appliziert wurde, führte zu einer signifikanten Verbesserung der Hirnleistung, ohne dass dabei Nebenwirkungen auftraten. Die Untersuchungen wurden kürzlich in der international renommierten Fachzeitschrift "BRAIN" publiziert.
Der Ansatz der Wissenschaftler eröffnet Möglichkeiten, gezielt erworbene Hirnleistungsstörungen nach einem Schlaganfall zu behandeln. In weiteren Tests wollen die Wissenschaftler ihre Stromtherapie bei einer größeren Patientenzahl und weiteren Schlaganfallbedingten Störungen anwenden, erklärt Priv.-Doz. Dr. Roland Sparing, Oberarzt der Klinik für Neurologie und zuständig für die neurologische und neurochirurgische Frührehabilitation. Die Therapie sei kein Wundermittel, aber könnte zusätzlich zu den bekannten Rehabilitationstherapien und Medikamenten eingesetzt werden, betont er.
Weitere Informationen:
Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Köln: www.koelnerneurologie.de
Institut für Neurowissenschaften und Medizin, AG Kognitive
Neurologie (INM-3) www.fz-juelich.de/portal/ueber_uns/institute_einrichtungen/institute/inm
Fachzeitschrift „BRAIN“: brain.oxfordjournals.org/
Paper zum download (PDF): brain.oxfordjournals.org/cgi/content/full/awp154v1
Für Rückfragen:
Priv.-Doz. Dr. Roland Sparing
Klinik für Neurogie der Uniklinik Köln
Telefon: 0221 / 478-4015
Email: roland.sparing@uk-koeln.de
Sina Vogt
Leiterin Stabsabteilung Kommunikation
Telefon +49 221 478 5548
pressestelle@uk-koeln.de
15.07.2009
Schwachstromtherapie macht Schlaganfallpatienten fit
Forscher aus Köln und Jülich zeigen neuen Ansatz in der Schlaganfall-Rehabilitation: Schwachstrom verbessert die Hirnleistung bei Störungen der räumlichen Aufmerksamkeit