Univ.-Prof. Dr. Veerle Visser-Vandewalle, Direktorin der Klinik für Stereotaxie und Funktionelle Neurochirurgie an der Uniklinik Köln, hat am Montag (18.12.2023) europaweit das erste wiederaufladbare Tiefe-Hirnstimulation-System mit Brain-Sensing-Technologie bei einer Patientin mit Parkinson implantiert. Die Implantation erfolgte zusammen mit dem Neurologen-Team unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Michael Barbe.
Die Parkinson-Krankheit betrifft mehr als 1,2 Millionen Menschen in Europa und über 10 Millionen Menschen weltweit. Zu den Symptomen gehören Zittern, Verlangsamung der Bewegungen und Muskelsteifheit.
Die Tiefe Hirnstimulation (THS) ist ein chirurgisches Therapieverfahren zur Behandlung von unter anderem neurologischen Bewegungsstörungen wie zum Beispiel Parkinson, essentiellem Tremor und Dystonie. Bei der THS handelt es sich um eine Therapie, bei der ein kleines Gerät – ähnlich einem Herzschrittmacher – unter der Brust- oder Bauchhaut implantiert wird. Über sehr dünne Sonden, die mit dem Gerät verbunden sind, werden dann elektrische Signale an einen bestimmten Bereich des Gehirns geleitet und dort abgegeben.
Dies führt zu einer deutlichen Reduktion der Beschwerden bei den Patienten, sofern der Strom im oft nur wenige Millimeter großen Zielgebiet präzise abgegeben wird. Die technischen Möglichkeiten, insbesondere der präziseren Stromabgabe im Zielgebiet, haben sich in den vergangenen Jahren rasant weiterentwickelt und die Effekte der THS auf die Zielsymptome weiter verbessert.
Neben der MRT-Fähigkeit, der gerichteten Stimulation über Teilkontakte (direktionale Stimulation), ist zuletzt mit der Brain-Sensing-Technologie ein weiterer wichtiger Schritt in der Entwicklung der THS-Systeme hinzugekommen. Hier wird über die Elektroden nicht nur Strom abgegeben, sondern auch Hirnaktivität abgeleitet. Anhand der gemessenen Hirnsignale kann dann möglicherweise die Einstellung der Stromabgabe weiter verbessert und angepasst werden. In Zukunft könnten gar intelligente THS-Systeme (closed-loop-Systeme) verfügbar sein, die nur dann Strom abgeben, wenn dieser basierend auf den gemessenen Hirnsignalen auch wirklich gebraucht wird.
Durch den Einsatz des neuen Stimulators sind alle aktuell verfügbaren technischen Möglichkeiten in einem wiederaufladbaren Gerät vereint. Durch die Wiederaufladbarkeit ist der Generator, der im Bereich der Brust implantiert wird, wesentlich kleiner und flacher als nicht aufladbare Geräte.
„Ich freue mich, dass wir unseren Patientinnen und Patienten in Zukunft wiederaufladbare THS-Geräte auch mit Brain-Sensing-Technologie anbieten können“, so Prof. Visser-Vandewalle. „Wie sehr wir die bereits sehr effektive THS durch diese neue Technologie weiter verbessern können, wird Gegenstand weiterer Forschung sein. Vielleicht ist das ein Schritt auf dem Weg zu einem geschlossenen System – einem sogenannten ,closed-loop‘. Auch wenn die Zulassung hierfür in Deutschland noch nicht existiert.“
Ihr Kollege Prof. Barbe, Leiter der Arbeitsgruppe Bewegungsstörungen und Tiefe Hirnstimulation in der Klinik für Neurologie, ergänzt: „Wir wissen bereits sehr gut, dass bestimmte Hirnsignale mit Langsamkeit und Steifigkeit unserer Parkinson- Patientinnen und Patienten einhergehen. Die spezifische Beeinflussung dieser Hirnsignale – sozusagen nur bei Bedarf – wäre ein wirklicher Durchbruch in der Therapie, da dies mit weniger Strom und eventuell mit weniger Nebenwirkungen einhergehen könnte.“