Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat heute (01.10.2020) auf einer Pressekonferenz in Berlin bekannt gegeben, welche Projekte im Rahmen des „Netzwerks Universitätsmedizin“ (NUM) gefördert werden. Die Uniklinik Köln und die Medizinische Fakultät sind an zwölf Projekten beteiligt – bundesweit werden insgesamt 13 Projekte gefördert. Bei den vier Projekten COVIM, B-FAST, PallPan und NAPKON übernehmen Ärzte und Wissenschaftler aus Köln federführend die Koordination.
Das Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) hat das Ziel, die Forschungsaktivitäten zu COVID-19 bundesweit zu bündeln und zu stärken, um die Corona-Pandemie durch optimale Abstimmung und Zusammenarbeit schneller und effektiver zu bekämpfen. Das Netzwerk umfasst die gesamte deutsche Universitätsmedizin und fördert kooperative und strukturbildende Projekte, bei denen möglichst viele Universitätsklinika eingebunden sein sollen.
„Dass die Universitätsmedizin Köln mit ihren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie den Ärztinnen und Ärzten an 12 von 13 geförderten Projekten beteiligt ist, zeigt die Bedeutung unseres Standorts in der Infektionsforschung sowie in Prävention und Therapie von Patienten mit Infektionserkrankungen“ , so Univ.-Prof. Dr. Gereon Fink, Dekan der Medizinischen Fakultät und Vorstandsmitglied der Uniklinik Köln nach Bekanntgabe der Förderung. „Den vier Verbundprojekten, die von Köln aus federführend koordiniert werden, wünsche ich – vor allen angesichts der Wichtigkeit für die zukünftige Bekämpfung der Pandemie und die Behandlung von COVID19-Patienten – viel Erfolg und hoffe, dass sie so schnell als möglich relevante, evidenzbasierte Ergebnisse erbringen, um der aktuellen Pandemie und ihren Folgen auch weiterhin wachsam und vorbereitet begegnen zu können“, so Prof. Fink weiter.
Die Ausbildung von schützender Immunität kann Infektionen verhindern und die SARS-CoV-2 Pandemie entscheidend beeinflussen. Daher ist die Identifikation von Immunitätsmerkmalen und die sichere Beurteilung von Immunität sowohl auf individueller wie auch auf Bevölkerungsebene von zentraler Bedeutung. Noch ist jedoch unbekannt, ob und für wie lange eine Infektion mit SARS-CoV-2 eine Immunität erzeugt. Die Immunologie-Plattform COVIM, Verbundprojekt zur Bestimmung und Nutzung von SARS-CoV-2 Immunität, bündelt neue Erkenntnisse zur Untersuchung der anti-SARS-CoV-2-Immunität „Wer ist wann und wie lange vor einer SARS-CoV-2 Infektion immunologisch geschützt? Und wie kann immunologischer Schutz von wenigen immunen Personen auf viele nicht-immune Personen übertragen werden? Diesen Fragen gehen wir innerhalb des COVIM-Verbundes zusammen mit knapp 50 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Ärztinnen und Ärzten aus insgesamt 17 Standorten nach“, so Univ.-Prof. Dr. Florian Klein, Direktor des Instituts für Virologie an der Uniklinik Köln und Koordinator von COVIM (zusammen mit Univ.-Prof. Dr. Leif-Erik Sander, Universitätsmedizin Berlin). Neben den konkreten Erkenntnissen zur Immunität gegen SARS-CoV-2, etabliert COVIM eine Infrastruktur, die es erlaubt, in kürzester Zeit belastbare Informationen über Immunität und Schutzmechanismen gegen neue Infektionserreger zu bestimmen und die Erkenntnisse therapeutisch zu nutzen.
Das bundesweites Forschungsnetz „Angewandte Surveillance und Testung“ - B-FAST wird sich mit „Epidemiologischer Surveillance“ beschäftigen. „Hierunter verstehen wir in Anlehnung an das Robert Koch-Institut die fortlaufende systematische Sammlung, Analyse, Bewertung und Verbreitung von Gesundheitsdaten zum Zweck der Planung, Durchführung und Bewertung von Maßnahmen zur Krankheitsbekämpfung“, so Univ.-Prof. Dr. Gerd Fätkenheuer, Leiter der Infektiologie an der Klinik I für Innere Medizin der Uniklinik Köln und Koordinator von B-FAST (zusammen mit Univ.-Prof. Dr. Simone Scheithauer, Universitätsmedizin Göttingen).
Die Plattform wird die notwendigen Test- und Surveillance-Systeme zu einem Gesamtsystem vernetzen und die relevanten Informationen und Empfehlungen allen Universitätsklinika, dem RKI und weiteren Beteiligten über das Netzwerk zur Verfügung stellen. „B-FAST hat das primäre Ziel, nachhaltig einsetzbare, flexible und auf zukünftige Pandemien übertragbare Surveillance- und Teststrategien zu entwickeln und in unterschiedlichen Anwendungsbereichen zu erproben. Denkbare Bereiche sind zum Beispiel Schulen und KiTas, Seniorenheime, Kulturveranstaltungen und auch Krankenhäuser“, so Prof. Fätkenheuer weiter.
Es wird bundesweit ein Gesamtkonzept entwickelt und etabliert werden, um für die Eingrenzung der SARS-CoV-2 Pandemie sowie für andere Pandemien vorbereitet zu sein. Aus den Projekten von B-FAST sollen sich Handlungsempfehlungen zu Surveillance und Testung für lokale, regionale und überregionale Entscheidungsträger aus dem öffentlichen Gesundheitswesen, der Gesellschaft, der Politik und anderen Bereichen ergeben. Im B-FAST Netzwerk sind insgesamt 25 Standorte in Deutschland beteiligt.
In der aktuellen Pandemiesituation war die Versorgung von schwerkranken und sterbenden Menschen schwierig und nur mit Einschränkungen möglich. Diesem weiterhin relevanten Bereich widmet sich das Projekt Palliativversorgung in Pandemiezeiten (PallPan). „Auch in Pandemiezeiten ist die optimale medizinische Behandlung und Versorgung von schwerkranken und sterbenden Menschen unser Ziel. Unabhängig davon, ob die Patienten an einer COVID-19-Infektion oder einer anderen schweren Erkrankung leiden“, so Prof. Dr. Steffen Simon, Oberarzt am Zentrum für Palliativmedizin der Uniklinik Köln und einer der Initiatoren und Koordinatoren des Gemeinschaftsprojektes.
PallPan wird vom Forschungsnetzwerk universitäre Palliativmedizin durchgeführt. In dem Forschungsvorhaben werden alle Bereiche der Hospiz- und Palliativversorgung (allgemein und spezialisiert, ambulant und stationär) berücksichtigt, damit die Vielschichtigkeit und die Komplexität der Pandemiesituation für die Versorgung von Menschen am Lebensende und deren Nahestehende angemessen abgebildet werden können. Um für zukünftige Pandemiephasen besser vorbereitet zu sein im Sinne einer „Pandemic Preparedness“, soll bis März 2021 eine Nationale Strategie für die Betreuung schwerkranker, sterbender Erwachsener und deren Angehöriger in Pandemiezeiten erarbeitet werden. Dazu gehören wissenschaftlich fundierte, für die Praxis relevante Handlungsempfehlungen zur allgemeinen und spezialisierten Palliativversorgung. Am Projekt Palliativversorgung in Pandemiezeiten sind insgesamt zwölf Universitätsklinika beteiligt.
Das Nationale Pandemie Kohorten Netz (NAPKON) schafft die Grundlage für ein besseres Verständnis des Krankheitsverlaufs bei COVID-19 und die Erforschung möglicher Therapien, indem es im Rahmen von drei wissenschaftlichen Studien klinische Daten, Bioproben und Bildgebungsdaten zusammenführt. Die so möglich werdenden Untersuchungen können beispielsweise Auskunft über die Langzeitfolgen einer COVID-19-Erkrankung geben, auch wenn die Betroffenen während der Behandlung beispielsweise aus der Klinik zum Hausarzt wechseln. Dieses Netzwerk soll sich mit höchstmöglicher Qualität an jeweils unterschiedlichen Zielgrößen orientieren und im Falle eines neuen pandemischen Kontexts auch darauf adjustiert und skaliert werden können. Diese umfassende Betrachtung bezieht auch alle Sektoren des Gesundheitswesens mit ein – niedergelassene Ärzte, Krankenhäuser aller Versorgungsstufen und die Maximalversorger. „Auf dieser Grundlage wollen wir wissenschaftliche und versorgungsrelevante Fragestellungen umfassend und mit sehr geringer Latenz adressieren und schnellstmöglich evidenzbasierte Informationen zu pandemiespezifischen Risikofaktoren, wie unterschiedlich schweren Krankheitsverläufen und -folgen liefern“, so Univ.-Prof. Dr. Jörg Janne Vehreschild, Sprecher von NAPKON und Leiter der AG Kohorten in der Infektionsforschung an der Uniklinik Köln sowie Oberarzt in der Hämatologie und Onkologie am Universitätsklinikum Frankfurt. NAPKON stellt damit ein nachhaltiges, integratives und umfassendes Konzept dar, das einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen bei der Abwehr und Bewältigung von Pandemien insbesondere auf Ebene der öffentlichen Gesundheitsfürsorge leistet und als nationales Kollaborationsprojekt den integrativen Anspruch des Netzwerks der Universitätsmedizin besonders hervorhebt.