In Deutschland sind mehr als die Hälfte der Menschen übergewichtig oder adipös. Dies führt unter anderem dazu, dass das Immunsystem chronisch aktiviert und damit gestresst wird. Wissenschaftler der Uniklinik Köln und des Max-Planck-Instituts für Stoffwechselforschung rund um Prof. Dr. Jens C. Brüning haben eine Untergruppe von Immunzellen bei übergewichtigen Patienten entdeckt, welche das Risiko für Typ-2 Diabetes erhöht. Die Forscher haben ihre Erkenntnisse nun im renommierten Wissenschaftsjournal Cell Metabolism veröffentlicht.
Als Folge der zunehmenden Zahl übergewichtiger und adipöser Menschen gibt es mehr Diabetes- und Schlaganfall-Patienten. Hinzu kommt, dass auch das Risiko für Krebserkrankungen wächst, da Übergewicht und Adipositas unter anderem das Immunsystem dauerhaft aktiviert.
Die Kölner Wissenschaftler haben daher untersucht, wie das Immunsystem auf Fettleibigkeit reagiert und wie Folgeerkrankungen entstehen. Sie sind dabei auf eine Untergruppe von Natürlichen Killer (NK)-Zellen des Immunsystems gestoßen.
Normalerweise haben NK-Zellen die Aufgabe, virusbefallene oder bösartige Zellen zu bekämpfen. In übergewichtigen Mäusen sind in einer kleinen Untergruppe von NK-Zellen jedoch andere Gene aktiv als bei Tieren mit Normalgewicht. Diese Adipositas-assoziierte NK-Zelluntergruppe ist an der Regulation des Immunsystems beteiligt und verstärkt offenbar dessen chronische Aktivität, was wiederum zu einer erhöhten Insulinresistenz führt - der Vorstufe von Typ-2-Diabetes (sogenannter Altersdiabetes).
Auch im Menschen unterscheidet sich die Zusammensetzung der NK-Zellen bei schlanken und adipösen Probanden: In Blutproben von fettleibigen Patienten besitzen die Killerzellen ein ähnliches Genexpressionsprofil wie in fettleibigen Mäusen. „Unterzogen sich unsere Adipositas-Patienten einer radikalen Diät, bei der sie merklich abnahmen, verringerte sich die Anzahl der veränderten Killerzellen und das Risiko für Diabetes. Heißt, die Anzahl dieser speziellen NK-Zelluntergruppe steht in einem Zusammenhang mit Übergewicht und chronischer Inflammation“, so Priv.-Doz. Dr. Sebastian Theurich, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung und Hämato-Onkologe an der Klinik I für Innere Medizin der Uniklinik Köln.
In Mäusen konnten die Forscher das Risiko für Diabetes senken, wenn sie diese genetisch so veränderten, dass die Untergruppe der veränderten Killerzellen bei fettreicher Ernährung nicht mehr entstehen konnte. Ohne diese speziellen Killerzellen nahmen die Mäuse also trotz fettreichen Futters nicht weiter zu und entwickelten keine Insulinresistenz. „Diese Untergruppe von NK-Zellen könnte einen Angriffspunkt für neue Therapiemöglichkeiten darstellen, wenn es uns gelingt, diese Zellen gezielt auszuschalten“, erklärt Dr. Theurich. Die Wissenschaftler wollen daher jetzt genau die Gene finden, welche die Killerzellen spezifisch auszeichnen und angreifbar machen.
Dr. Theurich wurde durch das Rotationsstellenprogramm der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln gefördert. Diese Stellen sollen Klinikern die Möglichkeit geben, vom Klinikbetrieb für eine bestimmte Zeit freigestellt zu werden, um sich intensiv der Bearbeitung eines Forschungsvorhabens zu widmen.
Originalpublikation:
Sebastian Theurich, Eva Tsaousidou, Ruth Hanssen, Adelheid M. Lempradl, Jan Mauer, Katharina Timper, Katharina Schilbach, Kat Folz-Donahue, Christian Heilinger, Veronika Sexl, John Andrew Pospisilik, F. Thomas Wunderlich, Jens C. Brüning
IL-6/Stat3-Dependent Induction of a Distinct, Obesity-Associated Natural Killer Cell Subpopulation Deteriorates Energy and Glucose Homeostasis; Cell Metabolism 2017 DOI: 10.1016/j.cmet.2017.05.018