Die Medizinische Fakultät der Universität zu Köln bietet ab dem Wintersemester 2021/22 den Studiengang „Angewandte Hebammenwissenschaft“ an. Damit setzt die Universität eine neue gesetzliche Vorgabe um, die unter anderem eine wissenschaftliche Basis in der Ausbildung dieser Berufsgruppe vorsieht. Die Medizinische Fakultät hat das Bewerbungsverfahren für die ersten 25 Studierenden zum 25. März 2021 eröffnet.
Mit dem Inkrafttreten des Hebammengesetzes (HebG) am 1. Januar 2020 wurde die Hebammenausbildung umfassend reformiert und modernisiert. Die bislang an Hebammenfachschulen betriebene Ausbildung soll durch das Studium mit primär qualifizierender Ausrichtung bis 2025 vollständig abgelöst werden. In dem auf sieben Semester angelegten dualen Bachelor-Studiengang lernen Studierende am Medizincampus der Uniklinik Köln in Lindenthal praxisnah, fachübergreifend und interdisziplinär und werden an wissenschaftliche Fragestellungen herangeführt. In der semesterfreien Zeit erfolgt die Praxisausbildung an der Uniklinik Köln und in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern im Großraum Köln – Ausbildungsvergütung inklusive.
Der Studiengang vermittelt zudem evidenzbasierte Entscheidungsfindung und die Steuerung komplexer Betreuungs- und Versorgungsprozesse in der Geburtshilfe, aber auch die theoriebasierte Reflexion der Berufspraxis sowie die Gestaltung und Umsetzung innovativer Begleitungskonzepte innerhalb der Hebammenkunde. Darüber hinaus will die Universitätsmedizin tradiertes Hebammenhandeln mit umfangreicher Geburtsvorbereitung und Nachsorge mit wissenschaftlichen Fragestellungen zusammenführen. Deshalb entwickelt sie neben dem dualen Studiengang einen interdisziplinär eingebundenen Forschungsbereich „Hebammenwissenschaft“.
Univ.-Prof. Dr. Markus Rothschild, Studiendekan an der Medizinischen Fakultät, erklärt: „An der Universitätsmedizin Köln finden Studieninteressierte optimale Bedingungen für das Hebammenstudium: Am klinischen Centrum für Familiengesundheit werden jährlich etwa 2.500 Geburten durchgeführt – das ist eine tolle Basis für die berufliche Praxis und Ausbildung vor Ort. Unsere Studierenden profitieren aber auch von der Möglichkeit interprofessionell zu lernen und zu arbeiten sowie von der thematischen Ausrichtung an Fragen der Familiengesundheit. Hier wird ein breites Angebot an übergreifenden Wahlmodulen zur Verfügung stehen.“
Studiengangkoordinatorin Dorothee Herrmann ergänzt: „Studieninteressierte werden im universitären Umfeld gemeinsam mit Medizin- und Pflegestudierenden ausgebildet, zum Beispiel im Kölner Interprofessionellen Skills Lab und Simulationszentrum. Vorlesungen finden spezifisch, aber auch mit anderen Studierenden der Gesundheitsberufe statt. Außerdem fördern wir über das Zentrum für Internationale Beziehungen Auslandsaufenthalte und wollen so zu einem weltweit einheitlichen Standard der Hebammenkunde beitragen.“
In Deutschland liegt die wissenschaftliche Ausbildung in den Gesundheitsfachberufen im Vergleich zu internationalen Entwicklungen deutlich zurück. Ziel ist daher die Entwicklung eines „Campus für Gesundheitsberufe“: Der Aufbau eines Hebammenstudiengangs und die Entwicklung einer universitären Hebammenwissenschaft begründen sich primär in der Notwendigkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse aus Forschung und Praxis in das Feld der peripartalen – also um den Geburtszeitraum stattfindenden – Handlungsrealität zu integrieren. Nach dem seit 2017 angebotenen Studium der Pflegewissenschaft geht mit der Angewandten Hebammenwissenschaft der zweite Studiengang zur Akademisierung der Gesundheitsberufe an der Medizinischen Fakultät und der Uniklinik Köln an den Start. Die 2019 gegründete Schule für Hebammenkunde der Uniklinik Köln ermöglicht dabei die Planung, Organisation und Begleitung der berufspraktischen Ausbildung.