Kontakt

Kontakt

Wichtige Links

Telefon

10.02.2015 Grundlagenforschung

Präzisions-Gen-Fähren für gezieltes Ansteuern von therapierelevanten Zellen nach Injektion ins Blut

AAV-Präzisionsgenfähren: Die Rezeptor-bindenden Zielstrukturen (DARPins) sind rot, gelb oder grün dargestellt. Durch sie können die Genfähren therapierelevante Zellen im Körper ansteuern. Foto: Paul-Ehrlich-Institut (PEI)

Der Transfer therapeutischer Gene (Gentherapie) gilt als vielversprechender Ansatz für die erfolgreiche Behandlung von genetischen Erkrankungen und Krebs. Bisher werden dem Patienten hierfür häufig vorab die Zielzellen entnommen und nach Gentransfer wieder verabreicht. Forschern der Uniklinik Köln ist es gemeinsam mit Kollegen des Paul-Ehrlich-Instituts und der Universität Zürich gelungen, Gentransfer-Vehikel zu entwickeln, die im Organismus den therapierelevanten Zelltyp ansteuern und ein Gen übertragen. Dabei erfolgt der Gentransfer mit extrem hoher Selektivität. Über die Forschungsergebnisse berichtet Nature Communications in seiner heutigen Online-Ausgabe (10.02.2015)

Krankheiten können entstehen, wenn Zellen im Körper nicht mehr richtig funktionieren. Oftmals ist dies auf angeborene oder erworbene Fehlfunktionen von Genen zurückzuführen. Die Gentherapie versucht solche Defekte zu beheben. Sie beruht auf folgender Idee: Wenn eine Krankheit durch ein defektes Gen hervorgerufen wird, könnte die Krankheit geheilt werden, wenn eine intakte Version des Gens in die Zelle eingeschleust wird. Das intakte Gen soll dann als Vorlage für die Produktion des bisher fehlenden Proteins dienen, das seine Aufgabe in der Zelle und somit im Körper dann wieder erfüllen kann.

Um Gene in Zellen einzuschleusen und damit die Gentherapie erst möglich zu machen, werden geeignete Transportmittel benötigt, die sogenannten Gen-Fähren oder Vektoren. Diese sind in der Lage, die für den Genbaustoff DNS nahezu undurchlässige äußere Hülle einer Zelle zu passieren, um ihre Fracht sicher und wirkungsvoll ans Ziel zu bringen.

Als Transportmittel für den gezielten Gentransfer verwendeten die Forscher vom Adeno-assoziierten Virus (AAV) abgeleitete Vektoren. AAV ist ein nicht pathogenes Parvovirus. Das einzige bisher in Europa zugelassene Gentherapeutikum zur Behandlung einer seltenen Stoffwechselkrankheit basiert ebenfalls auf AAV Vektoren. 

Das Konzept zur Erzeugung der neuen Präzisionsgenfähren wurde von Prof. Dr. Christian Buchholz, Leiter der Arbeitsgruppe „Molekulare Biotechnologie und Gentherapie“, gemeinsam mit Priv.-Doz. Dr. Hildegard Büning, Leiterin der Arbeitsgruppe „AAV Vektorentwicklung“ am Zentrum für Molekulare Medizin Köln, entwickelt und umgesetzt.

Durch Austausch zweier Aminosäuren des AAV nahmen die Forscher dem Virus die Fähigkeit, an seinen natürlichen Rezeptor zu binden und so die Möglichkeit, in eine große Bandbreite unterschiedlichster Zelltypen einzudringen. Stattdessen wurden Zielstrukturen (DARPins, designed ankyrin repeat proteins), die an der Universität Zürich entwickelt worden waren, an die Oberfläche der modifizierten Vektorpartikel angehängt.

Diese Zielstrukturen können nun so gewählt werden, dass sie die Vektorpartikel spezifisch an Oberflächenrezeptoren binden, die nur auf dem therapierelevanten Zelltyp vorhanden sind. So wird das Andocken und Eindringen des AAV-Vektors in die gewünschte Zielzelle ermöglicht.

In der vorliegenden Arbeit wurden DARPins mit hoher Spezifität für die Tumorantigene Her2/neu, das bei Brustkrebs eine wesentliche Rolle spielt, und für EpCAM, ein epitheliales Oberflächenprotein, sowie für einen Marker bestimmter Blutzellen (CD4 auf der Oberfläche von Lymphozyten mit bestimmter immunologischer Funktion) verwendet.

Im Mausmodell traf der Vektor für Her2/neu bereits nach einmaliger Injektion 80 Prozent aller Tumormetastasen. Wurde mit dem Vektor ein zelltötendes Gen gezielt in die Tumorzellen eingeschleust, war die Überlebensrate der Mäuse deutlich besser als nach Gabe eines zugelassenen Tumormedikaments.

Mit dem Vektor gegen EpCAM ließen sich Tumorzellen in humanem Blut hochsensitiv detektieren (wenige hundert Tumorzellen in mehreren Millilitern Blut). Und auch der Vektor, der auf Blutzellen ausgerichtet wurde, traf sein Ziel: Nur an Lymphozyten in der Milz, die tatsächlich das CD4-Protein und damit die Zielstruktur trugen, dockte AAV an und übertrug das Gen.

Zitation:

Münch RC, Muth A, Muik A, Friedel T, Schmatz J, Dreier B, Trkola A, Plückthun A, Büning H, Buchholz CJ (2015): Off-target-free gene delivery by affinity-purified receptor-targeted viral vectors.

Nature Commun. 2015 Feb 10

Für Rückfragen:

Christoph Wanko
Pressesprecher Uniklinik Köln
Stabsabteilung Unternehmenskommunikation und Marketing
Telefon: +49 221 478-5548
E-Mail: presse@uk-koeln.de