Neue wissenschaftliche Erkenntnisse verdeutlichen immer mehr, dass Brustkrebs durch komplexe Interaktionen zwischen einer großen Anzahl genetischer Varianten verursacht wird. Bei rund 30 Prozent aller Brustkrebserkrankungen spielen solche erbliche Risikofaktoren eine maßgebliche Rolle. Dieser erbliche Bestandteil des Brustkrebsrisikos ist nicht ausschließlich auf Mutationen in bekannten Risikogenen wie BRCA1 und BRCA2 zurückzuführen – zusätzlich zu diesen Risikogenen wurden nun häufig auftretende genetische Varianten identifiziert, welche die individuelle Erkrankungswahrscheinlichkeit beeinflussen. Im Rahmen einer weltweiten Zusammenarbeit von hunderten Wissenschaftlern, wurden 72 neue genetische Risikovarianten identifiziert. Die Studien wurden nun zeitgleich in den renommierten Wissenschaftsjournalen "Nature" und "Nature Genetics" veröffentlicht. Die Uniklinik Köln war beteiligt.
Insgesamt analysierten die Forscher genetische Daten von 275.000 Frauen, von denen bei 146.000 Brustkrebs diagnostiziert wurde. Das Deutsche Konsortium Familiärer Brust- und Eierstockkrebs, koordiniert von Professor Dr. Rita Schmutzler, Direktorin des Zentrums Familiärer Brust- und Eierstockkrebs an der Uniklinik Köln, war an beiden Studien maßgeblich beteiligt. Das Deutsche Konsortium bringt das größte Kollektiv an Frauen mit einer erblichen Belastung für Brustkrebs in den internationalen Verbund ein.
"Dank dieser neuen Erkenntnisse verstehen wir die erbliche Basis der Erkrankung jetzt besser. Einige klare Muster genetischer Varianten verdeutlichen, warum manche Frauen von Brustkrebs betroffen sind und welche Gene und Mechanismen daran beteiligt sind", erläutert Prof. Schmutzler. "Die Ergebnisse erlauben nun eine verbesserte Risikovorhersage sowohl für die Allgemeinbevölkerung als auch für Mutationsträgerinnen. Damit ist die Grundlage für eine risikoadaptierte, das heißt passgenaue Prävention geschaffen. Frauen mit einem hohen Risiko können früher und engmaschiger überwacht werden, während Frauen mit einem niedrigen Risikoprofil zukünftig eventuell auf die Teilnahme am Mammographie-Screening verzichten können", so Prof. Schmutzler weiter. Die Forscher sind der Meinung, dass es die neuen Erkenntnisse auch ermöglichen werden, neue Therapieansätze zu entwickeln und damit die Prognose des Brustkrebses weiter zu verbessern. Die Überführung der neuen Erkenntnisse in die Routinediagnostik wird bereits innerhalb des Deutsche Konsortiums Familiärer Brust- und Eierstockkrebs umgesetzt.
Die Originalpublikationen:
Michailidou, K et al. Association analysis identifies 65 new breast cancer risk loci. Nature; 23 Oct 2017; DOI: 10.1038/nature24284
Milne, RL et al. Identification of ten variants associated with risk of estrogen receptor negative breast cancer. Nature Genetics; 23 Oct 2017; DOI: 10.1038/ng.3785