Niedergelassene Hämatologen und Onkologen spielen eine zentrale Rolle in der Versorgung krebskranker Patienten. Der Umgang mit Leiden und Tod sowie der zunehmende Verwaltungsaufwand bei gleichzeitig steigenden Patientenzahlen, sind Herausforderungen im Arbeitsalltag der Fachärzte. Im Rahmen eines Forschungsprojektes, das sich mit den Arbeitsbedingungen von Onkologen beschäftigt (WIN ON-Projekt - Working Conditions in Oncology), sind Wissenschaftler des Instituts für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft (IMVR) an der Uniklinik Köln diesem Missstand nachgegangen. Die Ergebnisse der Befragung sind jetzt in der Zeitschrift „Psychology, Health and Medicine“ erschienen.
Für den Großteil der 152 befragten niedergelassenen Ärzte ist das Wochenende nicht frei von Arbeit. Etwa 80 Prozent arbeiteten häufig oder immer an Wochenenden. Im Urlaub wird zwar weniger gearbeitet, jedoch gab auch hier etwa ein Drittel an, einige Male und fast 40 Prozent einmal in der Woche im Urlaub zu arbeiten. Außerdem: Nur jeder vierte Arzt gönnt sich regelmäßige Pausen bei der Arbeit.
Die Studie zeigt so einen Zusammenhang zwischen der Work-Life-Balance und der emotionalen Erschöpfung der Ärzte auf. Insbesondere die Bedeutung von freien Wochenenden wird in der Studie deutlich. So zeigte sich, dass häufige Wochenendarbeit auch mit einem stärken Work-Home-Conflict verbunden war und dadurch das Risiko, an emotionaler Erschöpfung zu leiden, steigt.
Erholungsmöglichkeiten während der Arbeit, zeigen einen förderlichen Effekt. Das bedeutet, dass Ärzte, die regelmäßig Pausen machten, über weniger Konflikte mit ihrem Privatleben berichteten und dadurch weniger emotional erschöpft sind. Die Studie greift aktuelle Entwicklungen auf, zum Beispiel die Tendenz, dass sich die Arbeit weiter ausdehnt und unabhängiger von Zeit und Ort wird. Hier ist es wichtig zu sensibilisieren, dass dies auch Folgen für die Work-Life-Balance und die Gesundheit haben kann. „Wenn das Wochenende ständig nicht zum Ausruhen oder für Aktivitäten mit Freunden oder der Familie genutzt wird, kann sich das auf Dauer rächen“, so Dr. Anika Nitzsche, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am IMVR und Erstautorin der Studie.
Wichtig sei es daher, zusätzlich schon während der Arbeit auf ausreichend Erholungsmöglichkeiten zu achten. „Wenn ich völlig ausgelaugt nach Hause komme, liegt es auf der Hand, dass Konflikte mit dem Partner oder der Familie entstehen können, wenn keine Energie oder Zeit mehr für Aktivitäten vorhanden ist“, so Dr. Nitzsche weiter. Die gesundheitliche Relevanz von Wochenenden und Pausen verbunden mit dem Thema Work-Life-Balance ist nicht nur im Bereich der onkologischen Versorgung von Bedeutung, sondern ist ein übergreifendes Thema, was einer viel stärkeren Beachtung und Sensibilisierung bedarf.
Förderung:
Die Studie wurde gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) (GZ: PF 407/4-1; WI 3210/5) und dem Köln Fortune Programm der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln
Originalarbeit:
Anika Nitzsche, Melanie Neumann, Sophie E. Groß, Lena Ansmann, Holger Pfaff, Walter Baumann, Markus Wirtz, Stephan Schmitz & Nicole Ernstmann (2016): Recovery opportunities, work–home conflict, and emotional exhaustion among hematologists and oncologists in private practice, Psychology, Health & Medicine,
DOI: 10.1080/13548506.2016.1237666
04.11.2016 Studie
Wochenenden und Pausen sind wichtig
Work-Life-Balance bei niedergelassenen Onkologen